Die Vögel toppen alles
Jetzt ist es raus! Vögel sehen viel mehr als wir Menschen. Selbst manche Fische, Schildkröten und Echsen haben einen feineren Sehsinn als wir Menschen. Die meisten Säugetiere sehen die Welt nur in matten Farben ohne Rot-Grün-Unterschiede. Das menschliche Auge, wie auch bei manchen Affenarten, hat sich da etwas anders entwickelt. Wir haben drei Zapfenarten, Blauviolett, Smaragdgrün und Gelbgrün. Forscher sprechen davon, dass wir Menschen mit diesen drei Zapfenarten etwa 20 Millionen Farbtöne erkennen können. Nicht nur Farberkennung ist ein Wunder der Natur, sondern auch das scharfsehen. Eine besondere Stelle auf der Netzhaut, die sogenannte „Sehgrube“ ist extrem dicht mit Zapfen bestückt. Sie sorgt dafür, dass wir scharf sehen und viele Details erkennen können. An allen anderen Stellen der Netzhaut, sehen wir, wie viele andere Säugetiere auch leicht verschwommen. Lesen wir, dann richten wir den zu lesenden Satz auf die „Sehgrube“ aus. Schauen wir in die Landschaft, sehen wir gut aber leicht unscharf. Wollen wir in der Ferne ein Detail erkennen richten wir unsere „Sehgrube“ darauf aus und, Simsalabim, sehen jetzt scharf.
Unsere Freunde die Vögel toppen uns aber lange Meter. Vögel haben vier Zapfenarten. Sie sehen die Welt nicht nur bunter sondern sehen Dinge, die wir Menschen nicht sehen, nicht wahrnehmen können. Was für ein schönes Wort „Wahr-Nehmen“. Das, was wir sehen, nehmen wir allzu oft als die Wahrheit.
So sehen Vögel nicht nur alle Farben wie wir, sondern zusätzlich Ultra Violettes und sogar polarisiertes Sonnenlicht. Obendrein haben viele Vögel zwei „Sehgruben“ in denen sie scharf sehen.
Ich habe mich schon immer gewundert, wie zum Beispiel ein Blaumeisen Männchen sein Weibchen erkennt. Klar, wir erkennen kleine Unterschiede in Färbung und Verhaltensweisen, jetzt wird es klarer. Vogelfedern reflektieren durch ihre feinen Strukturen auf wunderbarer Weise das Sonnenlicht. Die Reflektion von UV Licht kann das Erscheinungsbild, die „Farbverteilung “eines Vogels völlig verändern. Ein Blaumeisen Weibchen kann demnach völlig anders gefärbt sein, als wir sie kennen. Unglaublich, die Welt sieht anders aus als wie wir immer dachten.
Ach ja, da ist ja noch das polarisierende Sonnenlicht. Ich versuche es mal einfach auszudrücken.
Das Licht, das von der Sonne kommt ist nicht polarisiert. Sobald es die Atmosphäre passiert wird das Sonnlicht reflektiert und polarisiert. Das bedeutet, das Licht schwingt nicht mehr wie vorher in vielerlei Richtungen, sondern nur noch in eine Richtung. Durch das polarisierte Licht entsteht am Himmel eine Art Polarisationsmuster. Vögel und auch Heuschrecken, die das polarisierte Licht sehen können, erkennen das Muster und wissen: im rechten Winkel zu dem Muster ist die Sonne und können sich daran orientieren. Selbst bei bedecktem Himmel ist das Muster für Vögel immer noch zu erkennen.
Steppenadler mit fixierendem Blick
Ansitzender junger Wanderfalke
Rüttelndes Turmfalken Mänchen
Sehen wie ein Falke
Nehmen wir mal unseren Freund den Turmfalken, der oben auf einem Baum sitzt. Im Verhältnis zu uns sind die Augen der Vögel so groß wie Tennisbälle. Das brauchen sie auch, um das ganze Potenzial der optischen Wahrnehmung auszuschöpfen und selbst tief in der Dämmung noch das letzte Licht einfangen zu können. Unser Falke hat einen leicht gestreckten Augapfel. Das bedeutet: hätten wir so ein Falkenauge, dann könnten wir wie durch ein Teleobjektiv am anderen Ende eines Fußballfeldes eine kleine Maus erkennen, die sich genüsslich putzt. Das ist noch nicht das Ende
Falken, und im Besonderen vogeljagende Falken, wie Wanderfalke, Baumfalke und Merlin jagen mit Geschwindigkeiten von über 100 km/h, Wanderfalken sogar bis 300 km/h ihre Beute. Sie erkennen ihre Beute nicht nur auf großer Distanz, sondern sehen durch ihre „Sehgrube“ auf der Netzhaut auch scharf. Jetzt kommt es: Vögel haben nicht nur eine Sehgrube wie wir Menschen, sondern zwei „Sehgruben“. Sie könnten an zwei verschiedenen Stellen gleichzeitig ein Buch lesen. Falken nutzen diese Fähigkeit natürlich anders. Ein „Sehgrube“ hält die Beute scharf im Blick, die andere checkt permanent im scharfen 3D Scann die Umgebung, um nicht mit Bäumen, Felsen und Gebäuden zu kollidieren. Was für eine Wahrnehmungsleistung!
Das tödliche Leuchten von Mäuse-Urins
Nicht zu vergessen, Vögel können auch ultraviolettes Licht sehen. Was kann unser Turmfalke damit anfangen? Mäuse-Urin leuchtet in UV-Licht!
Ein hungriger Turmfalke, der über einer Wiese kreist sieht ganz genau wo die Mäuse unterwegs sind. Rund um die Mauselöcher, aber auch entlang ihrer Pfade sehen sie den Mäuse-Urin. Dort, wo die Mäuse sich häufig aufhalten, urinieren sie auch am häufigsten. Leuchtet der Urin besonders gut bedeutet das, hier ist frischer Urin. Das bedeutet wiederum, die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die Maus bald wieder erscheint. So einfach ist das, wenn man UV-Licht sehen und lesen kann.
Unser schlauer Turmfalke macht sich das zu Nutze und rüttelt ausdauernd über dem UV-Licht. Daher auch sein volkstümlicher Name „Rüttelfalke“. Dennoch braucht der geschickte Jäger bis zu sieben Beuteflüge um eine Maus zu erwischen. Doch nicht so einfach.